Distance, presence, absence and memoria

Commemoration of deceased Livonian merchants outside their native cities during the late Middle Ages

Autor/innen

  • Gustavs Strenga

DOI:

https://doi.org/10.21248/hgbll.2018.172

Abstract

Hansekaufleute bildeten in der Regel wirtschaftliche Netzwerke, die unter anderem Familienmitglieder und enge Freunde einschlossen. Zu diesem Zweck waren sie häufig gezwungen, sich anderswo niederzulassen. Daher liefen sie Gefahr, außerhalb oder sogar weit entfernt von ihrem Geburtsort und von ihrer Familie, Gilde, Kirchen- und Stadtgemeinde zu sterben. Wie für das Mittelalter üblich, war auch für diese – meist reichen und mächtigen – Männer das Gebetsgedenken nach dem Tod ganz wesentlich und zwar sowohl für das eigene Seelenheil als auch mit Blick auf die Stärkung ihrer familiären Zugehörigkeit. Die „Memoria“ ermöglichte es den Abwesenden zudem, an weit voneinander entfernten Orten präsent zu sein: Auch wenn der Körper beispielsweise in Brügge bestattet worden war, konnte eine Person durch das Gedenken am anderen Ende des Hanseraumes, zum Beispiel in Riga, gegenwärtig sein.
Wie dieser Beitrag zeigt, äußerten Kaufleute aus Livland – aus Riga, Reval oder Dorpat –, die Vorsorge für einen Todesfall trafen, zumeist den Wunsch, dass ihrer in ihrer Heimatgemeinde gedacht werden sollte. Die Testamente von Richard Zemelbecker (1390), von Mitgliedern der Familie Veckinchusen
(frühes 15. Jahrhundert), Johann Cavolt (1434), und Tydeman Remlincrode (1501) zeugen von den Bestrebungen dieser Einzelpersonen und Familien, die eigene Memoria fest in ihren Heimatgemeinden zu verankern. Es sind jedoch auch Fälle belegt, in denen Personen kein Interesse daran zeigten, ihre Memoria in der Stadt ihrer Herkunft zu errichten, wie etwa Jan Durcop (1495) aus Riga, der fast sein gesamtes Berufsleben in Brügge verbracht hatte. Der Fall Durcops macht deutlich, dass die persönliche Entscheidung über die Sorge für das eigene Gebetsgedenken durch die langfristige Entwicklung der Identität einer Person bestimmt wurde.

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Veröffentlicht

2021-01-13